Warum eigentlich Wolfsforschung?
(22.06.2016) In den vergangenen Wochen kamen wieder fünf Wolfs-Welpen in das Wolf Science Center. Manchmal fragen Leute, warum diese Forschung sinnvoll ist. Das Leitungsteam, Kurt Kotrschal, Zsófia Virányi und Friederike Range, gibt Antwort
Wir wissen heute, dass Menschen seit etwa 35 000 Jahren mit Hunden zusammenleben. Seither entwickelten sich alle menschlichen Kulturen im Beisein und unter Mitwirkung von Hunden.
Friederike Range
Am Wolf Science Center in Ernstbrunn (WSC) wird seit 2008 an den geistigen Leistungen und an der Fähigkeit zur Zusammenarbeit von Wölfen und gleichartig aufgezogenen Hunden geforscht.
Es geht unter anderem um die in der Domestikation entstandenen Unterschiede zwischen Wölfen und Hunden und um ihre Kooperationsfähigkeit untereinander und mit dem Menschen.
Dies trägt maßgeblich zum Verständnis von Hunden und der Mensch-Hundbeziehung bei. Da die Hundwerdung in einer Anpassung von Wölfen an ein Leben mit Menschen besteht, liefert die Arbeit am WSC auch neue Perspektiven auf das Wesen der Menschen.
So ist heute bekannt, dass ein Großteil der heute lebenden Hunde von jenen Tieren abstammt, die vor etwa 15 000 Jahren im Zuge des Sesshaftwerdens der Menschen in SE-Asien domestiziert wurden. Im Zuge der Umstellung auf Ackerbau und Viehzucht entwickelten Menschen und Hunde parallel die Fähigkeit, Getreideprodukte zu verdauen und die Hunde passten sich in ihrem Verhalten an den Menschen so stark an, dass man sie als eine Art Hybridwesen sehr nahe am Menschen sehen kann.
Die am WSC erzielten Ergebnisse werfen ein neues Licht auf die Hundwerdung: Im Gegensatz zu bisherigen wissenschaftlichen Hypothesen zeigt sich, dass die Kooperationsbereitschaft der Hunde mit dem Menschen ein direktes Wolfserbe darstellt.
Das bedeutet aber nicht, dass der Mensch Hunde wie Wölfe behandeln sollte. Im direkten Vergleich der gleichartig aufgezogenen und gehaltenen Hunde und Wölfe am WSC zeigt sich, wie stark die Anpassung an den Menschen die Hunde geformt hat.
Hunde kommunizieren weniger gut miteinander als Wölfe, sind weniger tolerant und kooperativ mit ihren Artgenossen und lassen sich leichter in ihre Schranken weisen. Sie können auch durch ein Nein des Menschen viel leichter in ihrem Vorhaben gestoppt werden als Wölfe sicherlich etwas, dass wir während der Domestizierung ausgewählt haben. Wir sollten also als Hundehalter einfühlsam mit unseren Hunden umgehen, zumal sie oft nicht klar zu erkennen geben, wenn es ihnen nicht gut geht.
Auf der anderen Seite sind Hunde wesentlich bezogener auf Menschen als Wölfe. Obwohl wir heute schon wesentlich mehr über die Besonderheiten der Mensch-Hund Beziehung wissen als vor einigen Jahren, sind noch viele Fragen offen. Die Forschung am WSC wird viele dieser Fragen in den kommenden Jahren beantworten und so zu einem immer besseren Zusammenleben mit dem besten Freund des Menschen als auch zur Verbesserung des Hundetrainings führen.
Neben der Grundlagenforschung ist es dem WSC daher ein Anliegen, die Öffentlichkeit möglichst objektiv über die state-of-the-art der Mensch-Hund-Beziehung und Wölfe zu informieren. Dies geschieht vor allem durch viele Vorträge der Leitung bei Hundetrainingsseminaren in ganz Europa und über Programme für Besucher am WSC.
Das Wolfsforschungszentrum entwickelte sich seit 2008 zur größten und einer der wissenschaftlich bedeutendsten Institutionen zur Erforschung der Beziehungen zwischen Menschen, Hunden und Wölfen.
Es ist Teil eines Clusters von Forschungseinrichtungen, zu dem auch das Clever Dog Lab an der Universität für Veterinärmedizin und die Forschungsgruppe für Mensch-Tierbeziehung an der Universität Wien gehören.
Dieser Cluster zieht viele Studierende und Wissenschaftler aus aller Welt an und trifft auf erhebliches Interesse der Medien weltweit (seit Jahresbeginn 2016 etwa von ORF, Arte, ARD, BBC und Discovery Channel Kanada)
Diese erstaunlich gute Entwicklung wäre ohne die konsequente Unterstützung durch Royal Canin von den Anfängen des WSC bis heute nicht möglich gewesen. Royal Canin hat daher als wichtigster Sponsor großen Anteil am gegenwärtigen Erfolg und an einer weiteren guten Entwicklung.